„Consent or Pay“ auf dem Prüfstand

„Consent or Pay“ – das kennt man in Bezug auf Datenschutz hauptsächlich von Webseiten von Zeitungen sowie seit einer Weile auch von diversen Social-Media-Plattformen, allen voran denen aus dem Hause Meta. Anstatt des klassischen Cookie-Banners (entweder zustimmen oder nur notwendigen Cookies zustimmen) hat man dort die Wahl zwischen Zustimmung oder einem kostenpflichtigen Abo. Nur mit diesem kann man der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten für verhaltensbezogene Werbezwecke entgehen. Die Idee ging von Zeitungsverlagen aus, die dadurch fehlende Werbeeinnahmen kompensieren wollten. Vermutlich in der Hoffnung, der gebeutelten freien Presse damit unter die Arme zu greifen, haben die Datenschutzbehörden dieses Vorgehen toleriert. Inzwischen verwenden in Deutschland aber schon 30 % der Top-100-Webseiten das „Consent or Pay“-Modell.

Seit November 2023 kann man sich nun gegen Zahlung von etwa 250 Euro im Jahr auch vom gezielten Werbe-Tracking bei Facebook und Instagram freikaufen. Das war Metas Versuch, auf ein EuGH-Urteil vom Juli 2023 zu reagieren. Laut Max Schrems von noyb würden bei einer „kostenlosen“ Wahl nur 3-10% der Nutzer der erweiterten Datenverarbeitung zustimmen. Wenn die Alternative aber nur das teure Freikaufen ist, so würden mehr als 99% der Nutzer das Tracking zähneknirschend akzeptieren. Aber wenn die Bezahlmodelle Schule machen sollten, summieren sich da schnell stolze Beträge zusammen bei der Menge an Webseiten und Apps, die man so nutzt. (Im Durchschnitt haben Menschen in der EU 35 Apps auf ihren Handys.)

Dabei muss die Einwilligung in die Datenverarbeitung nach Art. 7 Abs. 4 DSGVO grundsätzlich freiwillig erfolgen. Deshalb hat jetzt der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) eine Stellungnahme dazu veröffentlicht – denn Datenschutz sollte kein Luxus sein für die, die es sich leisten können. Hätte der EDSA das Bezahlmodell legitimiert, hätte das wohl das Ende der echten Einwilligung bedeutet. Er stellt daher fest, dass eine Gebühr die freie Entscheidung einschränken oder erheblich beeinflussen könnte. Personenbezogene Daten sind zudem keine handelbare Ware und das Grundrecht auf Datenschutz darf nicht in eine kostenpflichtige Funktion umgewandelt werden.

Der EDSA bringt auch Alternativen ins Spiel: etwa nicht-personenbezogene Werbung (für die weniger oder gar keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden), kontextbezogene Werbung, Produktplatzierungen oder Freemium-Modelle, bei denen nur bestimmte Inhalte gegen eine Gebühr (für alle) verfügbar sind. Noyb um Max Schrems gibt sich hinsichlich Meta vorsichtig optimistisch: „Es scheint, als gäbe es für Meta damit keine Möglichkeit mehr, die Daten von Menschen in der EU weiterhin für Werbezwecke zu nutzen, ohne einen gesetzeskonformen Einwilligungsmechanismus zu haben.“ Aber wie die Vergangenheit gezeigt hat, zaubert Meta immer noch ein neues Ass aus dem Ärmel – zumal es sich bei einer Stellungnahme des EDSA noch lange nicht um ein verbindlich(er)es (EuGH-)Gerichtsurteil handelt.

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